Dienstag, 8. Juli 2014

Der Stern von Europa

Was die Einschätzung von Autodistanzen betrifft, liegen die arabischen Gäste nicht immer ganz richtig.

Die Arabische Halbinsel ist die größte der Welt: Sie misst 2,7 Millionen Quadratkilometer und es leben dort ca. 60 Millionen Menschen. Die Zahl der auf ihr liegenden Staaten ist allerdings überschaubar. Der größte von ihnen ist das Königreich Saudi Arabien. Fährt man dort mit dem Auto von Küste zu Küste, zum Beispiel vom westlichen Jeddah nach Dammam im Osten, ist man ca. 12 Stunden unterwegs. Das entspricht in etwa der Strecke von Salzburg nach Kopenhagen. Das lässt sich alles in wenigen Minuten mit Google Maps herausfinden. Jetzt hat man das, was man gemeinhin "eine Ahnung" oder eine "ungefähre Vorstellung" von den Auto-Distanzen in Saudi Arabien nennt.

In der Vorstellung der Araber ist aber Europa und vor allem Österreich viel, viel kleiner - oder viel, viel größer; je nachdem, wen man nach seinen Vorstellungen befragt. So erklärten mir einmal drei junge Männer aus Kuwait, sie wollten ein bisschen Europa mit dem Auto bereisen. Wo sie denn nach ihrem Aufenthalt in Zell am See hin wollten, habe ich sie gefragt. Ihre Antwort ließ mich die Augenbrauen hochziehen, denn ihre geplante Route hatte die folgenden Destinationen in genau dieser Reihenfolge:
  • München
  • Innsbruck
  • Wien
  • Prag
  • Budapest
  • Genf.

Ich fand es löblich, dass sich die jungen Herren auch für die sonst von arabischen Gästen weniger bereisten Städte Budapest und Prag interessierten. Trotzdem setzte ich mich an den Computer und machte mir die Mühe, per Google Maps ihnen ihre geplante Strecke in Fahrtstunden niederzuschreiben. Nun waren sie es, die die Augenbrauen hochzogen. "But is so small!", sagte einer von ihnen und meinte damit wohl Österreich. Als ich ihnen dann sagte, dass man in Österreich von einem Ende zum anderen gute sieben Stunden unterwegs sei, staunten sie und meinten, das entspreche etwa der Strecke von Kuwait nach Riyadh - für ihre Begriffe eine Weltreise! Wir verbrachten noch ein paar Minuten mit Google Maps und die drei einigten sich dann auf eine andere Route, die sich weniger sternförmig als die ursprüngliche Variante ausnahm.
Wo sie schlussendlich noch überall hinkamen, wage ich nur zu vermuten. Ich denke aber, dass die eine oder andere Stadt von ihrer Wunschliste gestrichen werden musste.

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