Freitag, 30. Mai 2014

Eine Aufregung

Die Arroganz kennt - im Gegensatz zur Gastfreundschaft - keine Grenzen!

Es ist schon phänomenal, was wir alles schaffen. Die neueste Errungenschaft der Zeller Öffentlichkeitsarbeit besteht in einem ZDF-Beitrag, in dem wir uns als recht primitiv denkende Mir-san-mir-Gebirgsvölkler verkaufen.

Zum einen ist da eine Hotelchefin zu sehen, die mit Arabern nichts mehr zu tun hat, weil sie sämtliche Register zieht, um diese Gäste nur ja von ihrem Hotel fernzuhalten - was, nebenbei bemerkt, ihr gutes Recht ist. Was sie an den verschleierten Frauen störe, wird sie von der Reporterin gefragt. Sie antwortet, dass man ja nie genau wisse, was darunter stecke. Schließlich gebe es ja auch Terroristen. (!)
Pikanterweise ist es ausgerechnet das Zweithotel dieser Familie, direkt am Zeller See, das seit vielen Jahren ein sehr gutes Geschäft mit den Arabern macht.  Und es war obendrauf der Sohn besagter Hoteldame, der noch vor kurzem in den Medien behauptet hat, die "Benimmfibel" für die Araber sei eine Art "Tourismus-Apartheid" und diskriminierend.

Diese Janusköpfigkeit ist leider symptomatisch in Zell am See. Immer wieder sind die größten Kritiker der "Araberflut" gleichzeitig ihre größten Nutznießer. Nach einem Alternativkonzept befragt, wird dann darauf verwiesen, dass man international breiter aufgestellt sein müsse, und das noch dazu im Hochpreissegment. (Als könnten sich Araber keine 5-Stern-Hotels leisten! Als würden irgendwelche fiktiven Schweizer der Berge und Seen wegen nach Österreich fahren!) Denn die deutschen Knauser-Touristen, die will man ja auch nicht. Und die saufenden Schweden wollte man auch nicht. Die polternden Russen will man schon überhaupt nicht.

Was man jetzt mit den Arabern anfangen soll, darüber herrscht Uneinigkeit. Zumindest hat sich die Stimmung schon ein wenig geändert, langsam scheint es auch tatsächlich einen Diskurs darüber zu geben, der Ansätze von Konstruktivität zeigt. Dass wir aber als vorgebliche Top-Tourismusregion es nicht verstehen, uns interkulturelle Kompetenzen anzueignen, um auch mit Gästen umgehen zu können, die nicht aus den unmittelbaren europäischen Nachbarstaaten kommen, ist traurig. Eigentlich haben wir die Chance vergeben, uns die Araber zu Freunden zu machen. Ganz Europa hätte von den Zellern lernen können, wie man mit diesen Menschen respektvoll umgeht und mit ihnen Geschäfte macht.

Vielleicht ist es jetzt zu spät dafür. Denn obwohl sich die Araber daran gewöhnt haben, von den Zellern freundlich ignoriert zu werden, trägt die derzeitige internationale (!) Berichterstattung vermutlich dazu bei, dass sie mitbekommen, wie anscheinend viele Zeller wirklich über sie denken. Unseren Status als Paradies, den wir uns allein wegen unseres landschaftlichen Reichtums (für den wir am allerwenigsten können), und nicht etwa auch durch gelebte Gastfreundschaft über die Jahre erarbeitet haben - den können wir ganz schnell wieder verlieren. Und dann tragen die Araber ihr Geld woanders hin und wir haben endlich wieder einen wirklichen Grund zu jammern.

Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich der Tourismusverband mit der Thematik in den letzten Jahren so gut wie gar nicht auseinandergesetzt hat. Jetzt gibt es eine Broschüre, die ihren Sinn und Zweck vielleicht erfüllen wird. Den ersten hat sie schon erfüllt, denn sie hat das Thema nun endlich der öffentlichen Diskussion zugeführt. Dies geschieht zwar auf teilweise unerwünschten Wegen, aber anstatt anständig und offen darüber zu sprechen, wird dem ZDF-Filmteam empfohlen, ihren Beitrag über die Araber in Zell am See "lieber nicht" zu bringen. Wie peinlich, wenn das im Beitrag dann auch noch explizit so gesagt wird!

Und dann sitzt die Chefin des Tourismusverbandes vor der Kamera und spricht in Bezug auf den "Kulturführer" davon, dass ja die Araber noch vor "zwei, drei Generationen Schaf- und Ziegenhirten" gewesen seien! Das mag zwar in der Sache nicht falsch sein, aber gibt das ein gutes Bild ab? (Und bitte vergessen wir auch nicht, dass dasselbe auch für viele Hoteliersfamilien in der Region gilt. Nur dass es da halt nicht Schafe und Ziegen waren, sondern Schweine und Kühe.) Das ist despektierlich und beschämend. Das klingt, als wollten wir Zeller mit einem kleinen Büchlein dem durch Zufall zu Geld gekommenen Beduinenvolk eine Kultur beibringen. So wollen wir uns dem heißgeliebten deutschen Publikum präsentieren? Gar der Welt?

Ich finde, wir könnten es gescheiter machen. Durch die alte Geschichte mit der Bildung und Aufklärung - das sprichwörtliche Blicken (und Denken!) über den Tellerrand. Durch Freundlichkeit und Offenheit. Durch Anständigkeit und die Bereitschaft, Probleme gemeinsam zu lösen. Mit gemeinsam meine ich sowohl alle Zellerinnen und Zeller zusammen (nicht nur Hotellerie und Handel). Und mit gemeinsam meine ich auch zusammen mit den Arabern.

Vielleicht finden sich bei der nächsten Veranstaltung, in der es um Verständnis und Kommunikation geht, ein paar Leute mehr. Denn bis jetzt sind vor allem jene Veranstaltungen gut besucht, in denen schön geschimpft werden kann. Das ist auch traurig. Das ist auch beschämend. Das können wir bestimmt besser!

3 Kommentare:

  1. Ich finde, das hast Du sehr treffend und gut geschrieben. Respekt Georg!
    lg Thorsten

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  2. Toll geschrieben und mir aus der Seele gesprochen ! Dem ist nicht hinzuzufügen ,als zu hoffen dass endlich Vernunft und Toleranz mehr Raum bekommen und wir wieder unser Gäste als solche sehen und nicht wie Störenfriede behandeln.
    Lg Christine Schmiderer

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  3. Leider sehr treffend ! Die Arroganz so mancher Einheimischer war aber immer schon da !

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